Cronenbergs visionärer Kassettenkult und das Echo in eXistenZ

Videodrome

In der tiefgründigen Welt des Films „Videodrome“ von 1983 entführt uns David Cronenberg in eine dystopische Wirklichkeit, in der die Grenzen zwischen Mensch, Medium und Maschine nicht nur verschwimmen, sondern in einer symbiotischen und oft grotesken Verschmelzung aufgehen. Dieses Meisterwerk, das tief in den kulturellen Kontext der VHS-Ära und der Videothekenkultur eingebettet ist, lässt uns bis heute nicht los und wirft Fragen über die Natur unserer eigenen Realität und unserer Interaktion mit den Medien auf.

Obwohl „Videodrome“ keine direkte Adaption einer bestimmten literarischen Vorlage ist, hallt es doch mit Themen und Motiven wider, die stark von dystopischer Literatur und philosophischen Fragen zur Natur der Realität inspiriert sind. Der Film greift McLuhans Idee des Mediums als Erweiterung des menschlichen Körpers und Bewusstseins auf, verfremdet und verdreht diese jedoch in einer typisch Cronenberg’schen Manier.

Video-Nostalgie und Snuff-Angst

In den 1980er-Jahren revolutionierte das VHS-Format das Seherlebnis, indem es den Zuschauern ermöglichte, das Kino nach Hause zu bringen. Videotheken wurden zu kulturellen Hotspots. Doch diese neue Freiheit brachte auch dunkle Begleiterscheinungen mit sich, wie die urbane Legende von Snuff-Filmen – ein Thema, das „Videodrome“ aufgreift und in das Zentrum seiner Erzählung stellt. Cronenbergs Film spielt mit der Angst vor einer zu real gewordenen Medienwelt, in der die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit endgültig aufgelöst sind.

Videodrome vs. The New Flesh

In „Videodrome“ stehen sich zwei ideologische Kräfte gegenüber: Die titelgebende Organisation „Videodrome“, die Gewalt und Schmerz als Mittel zur gesellschaftlichen Kontrolle einsetzt, und „The New Flesh“, eine Gegenbewegung, die daran glaubt, dass der menschliche Körper durch die Interaktion mit den Medien transzendiert und neu definiert werden kann. Diese Auseinandersetzung symbolisiert den Kampf zwischen einer dystopischen Kontrollgesellschaft und einer beinahe utopischen Vision von menschlicher Evolution durch Technologie.

Cronenbergs fortgesetzte Medienkritik: eXistenZ

Cronenbergs späterer Film „eXistenZ“ von 1999 greift viele der Themen von „Videodrome“ wieder auf, diesmal im Kontext der Videospiele und virtuellen Realitäten. Auch hier verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Spiel, wobei „eXistenZ“ noch stärker die Frage stellt, inwieweit unsere Wahrnehmungen und Identitäten durch die Technologien geformt werden, mit denen wir interagieren.

Finale

„Videodrome“ bleibt ein zentraler Bezugspunkt in Diskussionen über Medientheorie, Horror und gesellschaftliche Kontrolle. Cronenbergs Fähigkeit, tiefe gesellschaftliche und philosophische Fragen in packende, wenn auch oft verstörende Erzählungen zu verpacken, macht ihn zu einem unverzichtbaren Studienobjekt für alle, die sich für die Schnittstellen von Technologie, Medien und menschlicher Erfahrung interessieren. In einer Welt, in der die Digitalisierung immer weiter fortschreitet, wirkt „Videodrome“ nicht weniger aktuell als zur Zeit seiner Veröffentlichung – vielleicht sogar aktueller denn je.