Warum die Corona-Krise zu einem neuen Favoriten der Deutschen führt

Bundeskanzler Markus Söder

Dies ist eine klassische Wette. Markus Söder wird Bundeskanzler. Ich lege mich fest. Bis vor einer Woche galt dies als unwahrscheinlich bis nahezu unmöglich. Warum eigentlich? Zwei klare Gründe sprachen gegen Markus Söder: Er ist CSU Chef. Und ein CSU Chef hat immer ein großes Handicap Kanzlerkandidat der Union zu werden. Auch weil es zwei Versuche gab – die beide scheiterten. Strauss und Stoiber. Beide wurden von der Union auch nur aufgestellt (also von der CDU unterstützt), weil sie ohnehin chancenlos waren.

Sie waren chancenlos, weil sie aus Bayern kommen und die Bayern zwar die erfolgreichsten sind, nicht nur im Fußball, aber vielleicht auch darum nicht überall geliebt werden und weil damals die Gegenkandidaten, die Stimmung grundsätzlich, gegen die Union sprach.

Heute ist das anders: Die Union ist zwar wie alle „ursprünglichen Volksparteien“ Europas stark geschwächt, aber die Parteienlandschaft ist eben eine andere und die relative Stärke der Union wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ausreichen, um den nächsten Kanzler zu stellen. Zumal eine Großkrise, wie die Aktuelle und bis zur Bundestagswahl wirtschaftlich anhaltende, die Union und nicht die Grünen stärken wird, die die einzige Konkurrenz in Bezug auf die Kanzlerfrage sind.

Markus Söder war bei ersten Umfragen zur Kanzlerfrage vollständigkeitshalber immer mal mit genannt und schnitt dabei auch gar nicht so schlecht ab, aber wirklich ernst nahm das keiner, obwohl er von seinen politischen Fähigkeiten natürlich die meisten aussticht, die als Favoriten gehandelt wurden. Die CDU hatte dem auch einen Riegel vorgeschoben in dem sie, trotz Söders Widerspruch, es als ausgemacht ansah, das Parteivorsitz der CDU auch Kanzlerkandidat bedeuten müsse.

Die Krise verändert alles und stärkt das Momentum und da liegt Söder klar vorne und wird noch weiter nach vorne kommen. Dafür reichte das sichtbare, aber sehr geschickt formulierte Vorpreschen in den Shutdown Maßnahmen (wofür noch kein besonderer Instinkt von Nöten war, nachdem Kurz im Nachbarland erfolgreich vorgelegt hatte), aber es folgten eben auch sehr überzeugende Auftritte im Nachgang. Allein, mit Jens Spahn und im bayrischen Landtag vor zwei Tagen. Schon bei der gemeinsamen Erklärung mit Jens Spahn war für mich und wahrscheinlich sehr viele Zuschauer klar: Markus Söder, natürlich, wer sonst!

Ja, man hatte den Eindruck, dass Jens Spahn spätestens in diesem Moment dachte: Wie komme ich nun aus der Nummer mit Armin Laschet wieder raus? Könnte ich nicht eher ein Duo mit Söder…

Nun gehören zu so einem Auftreten und der daraus folgenden Wahrnehmung zweierlei: Das eigene Auftreten und die relative Schwäche der Konkurrenten. Und die Konkurrenten sind auf unterschiedliche Weise ab- wenn nicht sogar ausgefallen.

Friedrich Merz liegt mit Corona im Bett. Allein dies könnte man als Zeichen deuten. Oder es wird als solches wahrgenommen. Der eine liegt flach, der andere steht da, stark und macht. Hinzu kommt: Söder kann machen, weil er an entscheidender Stelle im Amt ist. Merz hat kein Amt in dem er in der Krise agieren könnte. Ja, wird er sich vielleicht denken, hätte ich doch mal den Job des Wirtschaftsministers etc. angenommen, der ihm angeblich noch vor kurzen zur Versöhnung angetragen wurde, dann könnte ich nun in der Krise auftreten, tun. Auch wenn Merz für die Konservativen in der Union eine Wende zu Merkel und einen Aufbruch verkörpert, so würden dieselben Konservativen bei einer Wahl zwischen Merz und Söder ins Wanken geraten – nur Söder stand für sie nie zur Wahl.

Armin Laschet mag für die Versöhner und mit Verweis auf den großen Landesverband NRW die ausgemachte Wahl gewesen sein, zumindest wenn man eine Urwahl der CDU Mitglieder verhindern kann. Er holte sich Spahn dazu, was man durchaus als Schachzug werten kann – aber auch als eingestandene Schwäche. Im Grunde dieselbe Schwäche wie damals AKK, die sich gleich den (ansonsten mäßig talentierten) Junge Union Chef schnappte und sowieso das hilflose Doppelspitzentheater der SPD. Die Betonung eines Teams ist fast immer gelogen oder ein Eingeständnis von Schwäche, selbst wenn natürlich alle irgendwie im Team arbeiten, also nicht wie Rambo allein im Wald.

Rötgen war als Kandidat nie ernst zu nehmen. Seine Popularität in ersten Polls galt nur zwei Tage, der Moment der Überraschung. Und Merkels Schwäche im Auftreten, trotz Ansprache an die Nation, ließ eigentlich immer großen Raum für gute Redner – die es aber seltsamerweise nie in der ersten Reihe gab innerhalb der letzten 10 Jahre.

All diese Feinheiten, die vorher eine Rolle spielten, also ob die Mitglieder eher so und die Gremien eher anders, Laschet der Versöhner oder kompatibler mit den Grünen und Merz mehr Aufbruch und Schwächung der AfD – unwichtig. Plötzlich sieht man: Söder ist nicht nur sichtbar und vorstellbar, sondern der Mann den „wir uns“ als Kanzler wünschen. Eine Mischung aus Kurz und Kohl vielleicht. Physisch stabil, ausreichend machterprobt und im Zweifel auch in politischen Intrigen siegreich, dabei klar sprechen könnend und mit hohem Selbstbewusstsein.

Und wie könnte das gehen? Ich traue dem wendigen aber letztlich doch zögerlich-schwachen Laschet einen strategischen Rückzug zu oder neudeutsch: Eine erweiterte Teamlösung. Er könnte Parteivorsitzender werden – mit Söder als Kanzlerkandidaten und Spahn im Gepäck (soweit diesem nicht große Corona Versäumnisse zum Verhängnis werden).

 

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